Kommentar

Langsames Internet. Ein Fachkommentar

Wir sind neulich auf einen Artikel in „Handelsblatt“ gestoßen. Die Ergebnisse der beschriebenen Befragung fanden wir interessant genug, um unseren Spezialisten und Geschäftsführer um einen Kommentar zu bitten:


Zitat 1: „38 Prozent der Verbraucher in der Bundesrepublik kämpfen demnach mehrmals pro Woche oder sogar täglich mit spürbaren Verzögerungen bei der Internetnutzung. Nur acht Prozent der Befragten gaben an, nie Beeinträchtigungen beim Internetzugang zu erleben.“

„Bei einer vergleichbaren Umfrage im vergangenen Jahr hatten nur 33,5 Prozent der Befragten Probleme gemeldet, knapp fünf Prozentpunkte weniger als der aktuelle Wert.“

Herr Ivanov, wie würden Sie diesen negativen Trend interpretieren? Woran könnte er liegen?

D.I.: Für mich persönlich besteht das Problem darin, dass sehr viele Anschlüsse sehr schnell realisiert werden und es mit sehr großem Überbuchungsfaktor gearbeitet wird. Also werden die notwendigen Kapazitäten zum Traffic-Transport vom Endverbraucher bis zu den großen Internet-Zugangspunkten NICHT aufgebaut.


Zitat 2: „Überraschend klagen Menschen im urbanen Raum (Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern) etwas häufiger über ein mieses Internet als die Bevölkerung auf dem Land (Wohnorte mit weniger als 20.000 Einwohnern). Während 38 Prozent der Bevölkerung von deutschen Kleinstädten und ländlichen Gegenden angeben, mehrmals pro Woche bis täglich mit Verzögerungen bei der Internetnutzung zu kämpfen, klagen 41 Prozent der Großstädter über ein lahmes Netz. Bei den Bewohnern von Mittelstädten (20.000 bis 100.000 Einwohner) beschweren sich dagegen nur 35 Prozent über eine miese Netzqualität."

Kommen diese Werte für Sie überraschend vor? Wir dachten, dass gerade die kleineren Ortschaften unter schlechterem Internet leiden…

D.I.:Es ist viel komplizierter, eine neue Infrastruktur in den Großstädten aufzubauen. Die Anzahl der Internet nutzenden Einwohner ist wesentlich größer und die Kapazitäten für den Traffic-Transport zum Endkunden reichen eigentlich nicht aus.


Zitat 3: „Am häufigsten stellen die Befragten die Probleme am Feierabend fest, wenn das Video- oder Musik-Streaming mit Netflix, Spotify, YouTube oder anderen Diensten ruckelt (35 Prozent). Gut ein Fünftel (21 Prozent) erlebt Geschwindigkeitsproblemen bei der Arbeit im Homeoffice, zum Beispiel bei Videokonferenzen, Webinaren oder der Nutzung von Cloud-Anwendungen (21 Prozent).“

So, wie es aussieht, bestehen die meisten Probleme eher im Unterhaltungssegment und merkwürdigerweise nicht bei der Ausübung eines Berufs im Homeoffice. Wundert Sie das?

D.I.:Nein, das wundert mich nicht. Lassen wir die in den ersten beiden Fragen behandelten Probleme mit der Infrastruktur beiseite, stellen wir uns doch vor, dass da alles makellos funktioniert. Jeder Internetlieferant besitzt seine eigenen Kapazitäten für die Zugänge zu unterschiedlichen Diensten. Wenn dieser über nur eingeschränkte Kapazitäten in den Internetknoten verfügt, entsteht das oben genannte Problem in der Primetime.


Zitat 4: „…auch Anwendungen, die eigentlich keine große Bandbreite erfordern, sind manchmal gestört. Dazu gehören Transaktionen wie beim Online-Banking sowie beim Online-Shopping. Hier klagen 18 Prozent der Befragten über eine schlechte Internetverbindung.“

Hatten Sie schon mal mit so einem Problem zu kämpfen? Woran liegen diese Störungen der Bandbreite bei Anwendungen, die eigentlich keine hohe Geschwindigkeit erfordern, dafür aber für die Bevölkerung aus allen gesellschaftlichen Schichten und Berufen heutzutage ein Muss sind?

D.I.:Da haben wir teilweise dasselbe Problem, es geht hier wieder um diese Anbindung. Es ist halt so, dass die klassische Anbindung in Deutschland immer noch die (V) DSL-Anbindung ist. Daher ist die Antwortszeit der Pakete langsamer. Das ist sehr erforderlich im Bereich der Online-Banking etc.


Zitat 5: „Viele äußere Ursachen In der Umfrage machen die Betroffenen für die schlechte Netzqualität vor allem äußere Ursachen verantwortlich. 41 Prozent nennen eine Netzüberlastung als Grund für die erlebten Verzögerungen, 32 Prozent einen schlechten lokalen Netzausbau und 19 Prozent sagen, dass ihr Internetprovider nicht genügend Bandbreite anbietet. 12 Prozent vermuten den Grund für die Probleme bei langsamen Servern von Content-Anbietern wie Netflix. Nur 10 Prozent der Befragten sehen die Ursachen im eigenen Haushalt, etwa den Einsatz von veralteten Laptops oder Smartphones. Experten raten betroffenen Verbrauchern aber trotzdem dazu, mögliche Fehler auch im eigenen Netzwerk zu suchen. So können sich in großen Mehrfamilienhäusern viele WLAN-Router mit ihren Funksignalen gegenseitig in die Quere kommen.“

Haben die Befragten in ihren Vermutungen Ihrer Meinung nach recht?

D.I.:Ja, sie haben definitiv in ihrer Einschätzung recht. Aus unserer Erfahrung liegt das Problem mit dem langsamen Internet aber in ca 80% aller Fälle im eigenen Heimnetzwerk. Dies wird als die letzte mögliche Ursache betrachtet und wird oft unterschätzt.


Zitat 6: „Für Abhilfe könnte ein Anschluss des PCs oder Smart-TVs mit einem Ethernet-Kabel sorgen, wenn dies möglich ist. Außerdem sollten die Anwenderinnen und Anwende
rüberprüfen, ob ihr WLAN-Router nicht ausgerechnet auf dem Kanal funkt, der in der Umgebung ohnehin schon überbelegt ist. Populäre Router wie die Fritzbox von AVM bieten mit der „Autokanalfunktion” die Möglichkeit, automatisch einen geeigneten Funkkanal auszuwählen.“

Haben Sie zu den im Artikel aufgezählten Tipps einige hinzuzufügen?

D.I.:Ja, die habe ich. Ich empfehle unseren Kunden, sich an Fachleute zu wenden und mehr Wert auf die Hausinfrastruktur legen. Außerdem rate ich immer zur Nutzung von Semi-Profigeräten, die extra mit einer Funkstörungshardware ausgestattet sind. Das sind Chips, die das Signal und die damit verbundenen Störungen auf überlasteten Kanälen filtern. Und keine Angst vom Begriff semi-professionell. Die Geräte selbst kosten weniger als die üblichen im Handel, müssten nur halt von Spezialisten eingestellt werden.


Zitat 7: „Sollten alle Verbesserungsbemühungen nicht den gewünschten Effekt bringen, stehen Verbrauchern seit Dezember 2021 erweiterte Rechte zu. Ist das Internet dauerhaft zu langsam, müssen sie nur noch für das Tempo zahlen, das sie auch wirklich bekommen. Auch der Wechsel zu einem anderen Anbieter ist dann leicht möglich. Mit einem Speed-Test der Bundesnetzagentur kann man nachmessen, ob die Internetverbindung hält, was der Anbieter verspricht. Der Test ist allerdings vergleichsweise aufwendig. Um ein rechtlich abgesichertes Messprotokoll zu bekommen, sind insgesamt 30 Messungen an drei unterschiedlichen Kalendertagen nötig.“

Speed-Test schneidet schlecht ab und der Wechsel ist heute nach dem Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes leichter denn je zuvor. Aber wann muss der Kunde zu diesem Schritt rübergehen? Könnte es etwa andere Gründe für ein schlechtes Testergebnis geben und welche?

D.I.:Ja, Grund für ein schlechtes Speed-Test-Ergebnis könnten die Verbraucher-Endgeräte sein, wenn die letzten zum Beispiel zu alt oder billig sind. Außerdem ganz wichtig: alle Tests müssen über Kabel und nicht über WLAN durchgeführt werden.Zuletzt Ihre Meinung zum neuen Telekommunikationsgesetz? Ich begrüße definitiv das neue Telekommunikationsgesetz, das zum Schutz des Endverbrauchers entworfen wurde. Für MBN hat es übrigens absolut nichts geändert, denn die meisten Neuigkeiten gehören zu unserer Unternehmenspolitik seit Jahren.


Link zum Artikel

Update: Zum 06.09.2022 ist der Artikel, den wir zitiert haben, auf der Handelsblatt-Homepage nicht mehr verfügbar

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